Bei Verwandten oder Freunden zu übernachten, ist nichts Ungewöhnliches. In den Privaträumen bei wildfremden Leuten hingegen schon. Zumindest war das bis vor Kurzem so. Allenfalls dem Standpersonal besucherstarker Messen war die Privatunterkunft als Übernachtungsstätte vertraut, sofern die örtlichen Hotelkapazitäten großer Messestandorte wieder mal nicht ausreichten.
Traditionell wird hier die Lücke im Übernachtungsangebot durch die Anmietung von privatem Wohnraum geschlossen. Einige Agenturen haben sich auf diesen wiederkehrenden Besucheransturm spezialisiert und vermieten Privatunterkünfte an Messebesucher auf Zeit.
Einzigartige Unterkünfte vs. langweilige Hotelzimmer
Nicht viel anders funktioniert ein mittlerweile boomendes Geschäftsmodell im E-Tourismus. „Privatunterkunft statt Hotelzimmer“ lautet die Devise, die besser unter dem Begriff „Bed and Breakfast“ bekannt ist. Privat zu übernachten, ist in der Regel viel günstiger als die Übernachtung im Hotel und nicht nur für Leute interessant, die auf den Cent schauen müssen. Privatübernachtungen haben sich nämlich zum Megatrend entwickelt und Vermittlungsagenturen schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden.
Von Helsinki bis Palermo und von San Francisco bis Tokio bieten die Vermittler inzwischen ihre Dienste an. Für die Vermieter rechnet es sich in jedem Fall, da sie sich ein bisschen Geld hinzuverdienen können. Die interessanten Kontakte, die dabei entstehen, sind ein Vorteil, von dem beide Seiten – Gastgeber wie Gäste – profitieren. Bei Auslandsaufenthalten fördert das Mitwohnen auf Zeit die Verständigung zwischen den Nationen. Neue Freundschaften können entstehen, die in der Online-Community weiter gepflegt werden.
Zufriedene Gastgeber und Gäste können ihre Erfahrungen auf den Portalen austauschen und wechselseitig Bewertungen abgeben. Das ist wiederum förderlich für zukünftige Engagements. Der Gast findet sich während seines Aufenthaltes inmitten landesüblicher Wohnsituationen wieder, die um ein Vielfaches interessanter sind als anonyme Hotelzimmer, welche überall auf der Welt mehr oder weniger gleich aussehen.
Explodierende Zuwachsraten indizieren ein großes Potenzial
Es ist kein Zufall, dass Vermittlungsportale wie airbnb.com Rekordzuwächse verzeichnen und inzwischen mehr als 100.000 günstige Schlafgelegenheiten in über 16.000 Städten in 186 Ländern anbieten. Mit Niederlassungen in Großbritannien, Italien, Spanien, Brasilien und Deutschland ist das Start-Up-Unternehmen aus San Francisco inzwischen vertreten und verzeichnet laut eigenen Angaben monatliche Zuwachsraten von 40 Prozent in der letzten Zeit.
Die deutschen Klone wimdu.com, 9flats.com und HouseTrip.com stehen dem Pionier in Sachen Angebote für private Übernachtungen in nichts nach und sind ebenfalls dabei, kräftig zu expandieren. Nun möchte man meinen, das Geschäft mit der Vermittlung von Privatübernachtungen über das Internet erschöpft sich mit einer Handvoll weltweit operierender Agenturen. Mitnichten. Denn stetig kommen neue Internetagenturen hinzu und sie alle finden ihren Markt, auch wenn er regional begrenzt sein sollte oder auf ein bestimmtes Zielpublikum ausgerichtet wird.
Ob myfriendshotel.com in England, gloveler.de in Deutschland oder airizu.com in China – überall auf der Welt entstehen derzeit neue Plattformen für reiselustige Globetrotter und Geschäftsreisende. Gäste und Gastgeber können auf den Plattformen ihre Profile einstellen, sich über die Community kennen lernen und Erfahrungen austauschen.
Das macht diese Form der Vermittlung sehr lebendig. Das Konzept ähnelt eher einem sozialen Netzwerk als einer klassischen Buchungsagentur. Die Geschäftsidee mit der Vermittlung von Privatübernachtungen im Internet kommt an, wird weiterempfohlen und machte inzwischen Investoren hellhörig. Davon zeugen die jüngsten Engagements namhafter Kapitalgeber bei airbnb.com, wimdu.com und 9flats.com.
Wie das Geschäftsmodell funktioniert
Via Internet können einzigartige Unterkünfte auf der ganzen Welt von überall gebucht werden. Dabei sind alle Formen möglich, die von der Couch über Wohnungen bis hin zu Spezialunterkünften wie Boote oder Baumhäuser reichen. Die Kontaktaufnahme ist denkbar einfach. Der Gast sucht nach seinem Reiseziel, gibt den Zeitraum des geplanten Aufenthalts ein und schon werden ihm alle verfügbaren Angebote übersichtlich gelistet.
Ist eine passende Unterkunft dabei, kann er sofort mit dem gastgebenden Vermieter über das Portal in Kontakt treten, um eventuell weitere Auskünfte zu erhalten. Nimmt der Gastgeber die Reservierungsanfrage an, ist sie gebucht. Der Gast überweist dann den Betrag für die Unterkunft zuzüglich einer eventuellen Vermittlungsprovision per Kreditkarte, Vorkasse oder PayPal an die Agentur.
Das Einstellen von Angeboten für Privatunterkünfte ist für die Gastgeber kostenlos. Nur wenn eine Unterkunft gebucht wird, fällt eine kleine Vermittlungsprovision an. Der Gastgeber erhält in der Regel einen Tag nach Eintreffen des Gastes sein Geld von der Agentur.
Die „Sharing-Philosophie“ erobert den E-Tourismus
Der Megatrend bei Privatübernachtungen hat der Branche schon beachtliche Umsätze beschert und auch die Nachahmer partizipieren ordentlich von der boomenden Nachfrage. Ein Zeichen dafür, dass das Potenzial bei Weitem noch nicht ausgereizt ist. Auch Neueinsteigern bietet es hinreichend Chancen zur Existenzgründung, denn die Idee der Privatübernachtung entspringt einem Zeitgeist, der im Sharing-Gedanken verankert ist und durch die sozialen Netzwerke wie Facebook weiter gefördert wird.
Neue Konsumgewohnheiten umtreiben die jungen, internetaffinen Verbrauchergenerationen. Der Besitz von Dingen und Sachen wird nicht um ihrer selbst Willen angestrebt, sondern aus Nutzenaspekten heraus. Dadurch entsteht ein völlig neues Lebensgefühl, bei dem Sharing in den Mittelpunkt individueller Handlungsstrategien rückt.
Nicht der Besitz einer Sache macht demnach glücklich, sondern ihr Nutzen. Dabei wird das Reservoir der eigenen Wohnung entdeckt. Die ungenutzten Potenziale anderen zur Verfügung zu stellen, mit ihnen zu teilen, ist dabei die zentrale Idee. Hierauf basiert das Geschäftsmodell Vermittlung von Privatunterkünften im Internet.
Welche Voraussetzungen sind mitzubringen?
Im Grunde kann jeder innovative Gründer in diesen Markt einsteigen, denn die Geschäftsidee erfordert wenig Eigenkapital. Einschlägige Erfahrungen im E-Tourismus oder im Online-Business sind auf jeden Fall von Vorteil, denn jede Neugründung will auch bekannt gemacht werden, was über Suchmaschinenmarketing und die sozialen Netzwerke am besten gelingt.
Die Geschäftsidee Vermittlung von Privatübernachtungen im Internet ist nicht geschützt, wodurch Gründerinnen oder Gründer keine Abmahnungen oder Ähnliches befürchten müssen. Dass es nicht gestattet ist, Fotos, Profile oder Beschreibungen anderer Portale zu übernehmen, versteht sich eigentlich von selbst.
Ansonsten steht der Gründung neuer serviceorientierter Plattformen für die Vermittlung von Privatunterkünften nichts mehr im Wege. Denn Gäste, welche eine preiswerte Privatunterkunft als Alternative zum Hotelzimmer suchen, werden immer zahlreicher. Gerne sind sie auch bereit, für einen guten und verlässlichen Service eine entsprechende Provision zu entrichten.
Wer erfolgreich eine Plattform betreiben will, nutzt im Idealfall alle Social Media-Kanäle wie Facebook, Twitter, YouTube und andere Netzwerke und setzt verstärkt auf die Möglichkeiten im Social Media Marketing, indem er entsprechende Schnittstellen anbietet. Denn in den sozialen Netzwerken sind sowohl die potenziellen Anbieter von Unterkünften zu finden als auch das Publikum, das diese Angebote in Anspruch nimmt.
Investoren sind von der Geschäftsidee begeistert
Investoren sind ständig auf der Suche nach neuen Geschäftsmöglichkeiten und suchen derzeit händeringend nach neuen, aussichtsreichen Projekten. Bei airbnb.com sind sie kürzlich mit 112 Millionen US-Dollar eingestiegen, um deren Marktführerschaft zu festigen und die deutsche Konkurrenz wimdu.com und 9flats.com abzuwehren. Doch auch die beiden deutschen Klone können sich über mangelndes Investoreninteresse nicht beklagen.
Im Gegenteil. Bei wimdu waren erst im Juni 2011 die Samwer-Brüder mit 90 Millionen US-Dollar eingestiegen. Hilfreich sind Investorengelder ab einer bestimmten Größenordnung, wenn beispielsweise neue Länder erschlossen werden oder der Aufbau spezieller Communitys für Stammkunden vorangetrieben werden soll.
Also Gastgeber, die Wohnungen regelmäßig anbieten und Gäste, die immer wieder über die jeweilige Plattform buchen. Auch wenn sich airbnb.com als Pionier in Sachen Privatübernachtung im Internet von Klons genervt zeigt und mitunter auch schon Wettbewerber wie den Wohnmarkt acceleo.com gekauft hat, sollten sich entschlossene und engagierte Existenzgründer davon nicht abschrecken lassen.
Ausblick
Fachleute erkennen in diesem Vermittlungsmodell einen nachhaltigen touristischen Trend, der so schnell nicht wieder abebbt. Hierbei dürften mehrere Faktoren ausschlaggebend sein. Der zuvor erwähnte Sharing-Gedanke spielt dabei ebenso eine große Rolle wie das soziale Netzwerk, das Gästen und Gastgebern eine Vielzahl von Möglichkeiten bietet, sich untereinander auszutauschen.
Die Plattformbetreiber legen besonders großen Wert auf Nutzerzufriedenheit, denn sie ist eine Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg und die weiteren Wachstumsperspektiven. Die Vermittlung von Privatunterkünften im Internet ist ein Kind der Web 2.0-Kultur und steht für einen besonders erfolgreichen Trend im E-Tourismus. Die Internetportale bieten sozusagen eine Verknüpfung zwischen Mitwohnzentrale, Buchungsplattform und Social Network. Das macht sie so erfolgreich.