Da Geld bei vielen Zeitgenossen Mangelware ist, wurde es Zeit, über alternative Ökonomien nachzudenken. Das ist das Credo von Pavel Melnikov aus Moskau, der sich alternative Geschäftsmodelle in den USA und Deutschland ansah und ein für den russischen Markt passendes Konzept daraus entwickelte. Er ist Direktor des Business Development des AntiCafé Babochki, wo nicht für einen Kaffee oder ein Stück Kuchen bezahlt wird, sondern für die Zeit, die man im Café verweilt. Das hatte es bislang in der Form noch nirgends gegeben.
Bei Kosten von umgerechnet 4 Cent pro Minute Verweildauer kommt der Gast auf einen Stundenpreis von 2,40 Euro. Gleich, ob er in dieser Zeit einen Kaffee oder zwei trinkt – oder vielleicht auch gar nichts konsumiert. Ein wahrhaft revolutionärer Ansatz, der dem betriebswirtschaftlich konservativ denkenden Zeitgenossen hierzulande vielleicht einen Schauer über den Rücken jagt.
Doch so exotisch wie das AntiCafé Babochki anmutet, ist es nicht, denn auch in Deutschland gibt es Geschäftsmodelle, die ohne festen Preis für Waren auskommen. Ein hochinteressanter Ansatz, der vielleicht auch bei uns Schule machen könnte. Es ist eine Frage der Zielsetzung. Sicher müssen die laufenden Kosten gedeckt werden. Wenn die konkrete Umsetzung ein gutes Auskommen ermöglicht, wird das System ein Renner.
Das Prinzip, das hinter der Geschäftsidee AntiCafé Babochki in Moskau nahe der Metrostation Paveletskaya steht, erinnert zunächst an die vielen Internetcafés bei uns, die ähnlich funktionieren. Der Benutzer zahlt nur für die Zeit, in der er im Internet surft. Ob er nun geschäftliche E-Mails beantwortet und während dieser Zeit Geld verdient, oder sich einfach nur mit Online-Games unterhält, ist völlig egal. Jeder ist für sich selbst verantwortlich und zahlt für die Surfzeit.
Unabhängig davon, ob er diese Zeit gewinnbringend nutzt oder nicht. So ähnlich funktioniert das auch im Moskauer AntiCafé Babochki. Das Café versteht sich als soziales Projekt für Begegnungen aller Art. Der Gast kann einen Kaffee oder Tee trinken und sich mit Plätzchen und Kuchen versorgen lassen oder auch Essen selbst mitbringen und hier verzehren. Er zahlt nicht für seinen Konsum, sondern nur für die Zeit, die er sich im Café aufhält. Pro Minute zahlt der Gast 1,50 Rubel, was umgerechnet 0,04 Euro entspricht.
Das Café möchte nicht nur Begegnungsstätte sein, sondern die Besucher auch inspirieren. Babochki ist das russische Wort für Schmetterling und in diesem Sinne möchte man mit moderner Kunst, Vorträgen und Workshops zu den unterschiedlichsten Themen das Besucherpublikum begeistern.
Des Weiteren sollen Kurse über Kunst der Fotografie und Videoerstellung abgehalten werden. Weil das AnfiCafé Babochki unterschiedliche Besuchergruppen ansprechen möchte, ist es in vier Zonen aufgeteilt. Während in der einen Zone Vorträge abgehalten werden, können in einer anderen Zone Online-Games mit einer Xbox gespielt werden.
Dann gibt es noch einen gemeinschaftlichen Bereich sowie einen Abschnitt, wo sich die Besucher miteinander unterhalten können. Das AntiCafé Babochki wurde bereits im Frühjahr 2012 in Moskau testweise geöffnet. Die offizielle Eröffnung war am 24. September 2012. Seine Betreiber sehen es als Experiment für neue Formen des Miteinanders in einer pulsierenden Metropole. Ihrer Ansicht nach ist die Zeit reif für einen Wechsel und entsprechend offen sind sie für neue Erfahrungen.
Die Räumlichkeiten des AntiCafé Babochki erinnern an die von Co-Working-Projekten, welche schon seit Längerem auch bei uns existieren. Mit dem Unterschied, dass es hier nicht ums Arbeiten und Geld verdienen geht, sondern um Freizeit und Unterhaltung mit anderen Mitmenschen. Konkrete Erfahrungswerte mit dem zeitorientierten Bezahlkonzept gibt es zwar noch nicht, es ist aber davon auszugehen, dass das Café ab einer bestimmten durchschnittlichen Besucherzahl langfristig profitabel ist.
Wer für neue Formen des Wirtschaftens offen ist, für den ist eine Geschäftsidee wie das Moskauer AntiCafé Babochki sicherlich ideal. Eine gewisse Risikobereitschaft und eine gehörige Portion Idealismus gehören natürlich dazu, um ein solches Cafékonzept in die Tat umzusetzen.
Existenzgründer müssen daher über genügend Eigenkapital verfügen, denn Fremdfinanzierungen werden erst möglich sein, wenn Erfahrungswerte zur Wirtschaftlichkeit vorliegen. Die Schwierigkeit wird zunächst darin bestehen, einen fairen und angemessenen Minutenpreis zu finden. Denn die durchschnittliche Besucherzahl und ihr Konsumverhalten sind zwei unbekannte Größen, die aber berücksichtigt werden müssen.
Belässt man das Angebot bei Kaffee, Tee, Kuchen und Knabbereien, so ist ein Stundenpreis von 2,50 Euro sicherlich angemessen, denn es ist kaum zu erwarten, dass jeder Besucher in einer Stunde fünf Tassen Kaffee verzehrt. Der Betreiber muss bedenken, dass fixe Kosten wie Miete, Heizung und Strom zu bezahlen sind und er auf lange Sicht auch noch von dem Café leben muss. Auf jeden Fall stellt ein Bezahlkonzept, das sich an der Aufenthaltszeit orientiert, ein spannendes Experiment dar. Wer traut sich, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen?
Anmerkung der Redaktion: anticafebabochki.ru ist nicht mehr aktiv.
Land: | Russland |
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Rechtsform: | Einzelunternehmen |
Branche: | Dienstleistungen |
Kategorie: | Lebensmittel, Verschiedenes |
Startkapital: * | 25.000 EUR - 50.000 EUR |
Website: |
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